Die Entwicklung der intelligenten Kupplung ist bei R+W noch lange nicht abgeschlossen. Zu den Neuheiten gehören eine neue Baureihe, eine innovative Art Energie zu übertragen und eine zweite Möglichkeit der Datenübertragung. Marcel Flicker hat uns dazu schon einiges verraten.

Wir sprechen heute über die intelligente Kupplung von R+W. Wie kann man die Technologie und Funktionsweise dahinter am besten beschreiben?

Der Begriff „intelligente Kupplung“ steht bei uns übergeordnet für eine von uns und unserem Partner Core Sensing entwickelte Sensortechnologie, die sich in verschiedene Kupplungsbaureihen integrieren lässt. Wir können damit verschiedene Messgrößen erfassen. Standardmäßig z. B. das Drehmoment. Möglich ist aber auch die Erfassung von Axialkräften und Biegemomenten. Zudem lassen sich auch die Größen Drehzahl, Beschleunigung und Temperatur messen. Je nach Anwendung können die Messwerte auch miteinander kombiniert werden.

Die Messung dynamischer Parameter in einem rotierenden System ist nicht ganz einfach umzusetzen. Erklären Sie uns doch kurz die Herausforderung und wie sie bei R+W gelöst wurde.

Die große Herausforderung ist, dass man bei einem rotierenden System nicht mit einem Kabel arbeiten kann. Dennoch müssen Daten und Signale zuverlässig übertragen und die Lösung mit ausreichend Energie versorgt werden. Dazu benötigten wir eine kabellose Lösung. Bei unserem System ist ein Messverstärker direkt in der Kupplung verbaut. Dort werden die Daten zunächst erfasst und verarbeitet. Die Übertragung nach außen erfolgt derzeit noch ausschließlich über Bluetooth. Für die Energieversorgung haben wir drei unterschiedliche Varianten im Portfolio – je nach Anwendung.

Die Energieversorgung ist ein gutes Stichwort – wie sehen denn die drei genannten Lösungen zur Energieversorgung aus?

Zum einen bieten wir eine Lösung mit wiederaufladbarem Akku, der in der Kupplung integriert ist. Das Aufladen dauert ca. zwei bis drei Stunden und funktioniert über einen Magnetstecker. Während des Wiederaufladens kann die Anlage nicht weiterlaufen. Für den Dauerbetrieb ist diese Lösung demnach nicht geeignet. Hier kommt die zweite Variante ins Spiel: eine Lösung mit Induktion. Außen an der Kupplung sitzt hierbei ein Spulenring. Ein Kästchen – wir nennen es Pick-Up – wird nahe dieser Spule kontaktlos montiert. So lässt sich das System induktiv mit Energie versorgen. Das Pick-Up selbst kann über ein Gateway oder über die Stromversorgung der Maschine mit Energie versorgt werden. Die dritte Variante ist unsere neueste Lösung: eine autarke Energieversorgung – genannt Energy Harvesting. Wir machen uns bei diesem System die Rotationsenergie zunutze, die es sowieso im Antriebsstrang gibt. Eine Art kleiner Stromgenerator wandelt direkt in der Kupplung die Rotationsenergie in elektrische Energie um. Die integrierte Sensortechnik wird so dauerhaft mit Energie gespeist. Erste Kundengespräche für diese neueste Technologie gibt es bereits. Das einfache Prinzip der Energieversorgung begeistert, auch wenn derzeit noch meist die Induktionsvariante ausreicht.

Wann ist welche Lösung am sinnvollsten im Einsatz?

Die Akkulösung ist die kostengünstigste Variante – wie eben schon erwähnt allerdings nicht für den Dauerbetrieb geeignet. Anwendungen, bei denen ein geplanter Maschinenstillstand nicht kritisch ist, sind für diese Lösung also prädestiniert. Die Induktionsvariante eignet sich für Anwendungen, bei denen die Zugänglichkeit problematisch ist und eine dauerhafte Stromversorgung gewährleistet sein muss. Für das zusätzliche Pick-Up wird allerdings auch ein wenig mehr Platz benötigt. Beide Varianten eignen sich für den horizontalen und vertikalen Einbau. Energy Harvesting eignet sich ebenfalls für Bereiche, bei denen es keine Stillstandszeiten geben soll und die Bestromung oder Unterbringung eines Pick-Ups nicht möglich ist. Somit hat jede der drei Varianten ihren gegebenen Anwendungsfall.

Die Energieversorgung wäre also geklärt. Wie sieht es mit den erfassten Daten aus – wohin lassen sich diese übertragen?

Die Daten lassen sich z. B. direkt in die Cloud senden. Individuelle Lösungen hierfür entwickelt unser Partner Core Sensing auf Wunsch gemeinsam mit dem Kunden. Auf klassische Weise lassen sich die Daten auch auf einem mobile Device, z. B. einem Tablet oder Smartphone, veranschaulichen. Die verschiedenen Messparameter werden auf einem Dashboard in der von uns entwickelten R+W-App angezeigt. Derzeit gibt es die App als Android-Version. In Kürze soll es auch eine IOS- und Windows- Desktop-Version geben. Drittens bieten wir Gateways in verschiedenen Bauformen an. Es können bis zu vier Messverstärker, sprich Kupplungen, mit einem Gateway verbunden werden. Die Daten werden dann z. B. an einen PC oder direkt an eine Steuerung weitergegeben. Zudem gibt es spezielle Gateways für Cloud-Lösungen.

Wie geht es weiter mit den intelligenten Kupplungen von R+W – was können Nutzer und Anwender 2023 erwarten?

Die Entwicklung des intelligenten Kupplungssystems ist noch lange nicht abgeschlossen. Einerseits gibt es immer wieder neue Features für die R+W-App, andererseits wird es zunehmend neue Kupplungsbaureihen geben, die wir mit der Sensortechnologie ausstatten. Zur diesjährigen Hannover Messe stellen wir z. B. einen komplett neuen Kupplungstyp vor. Und zwar eine Balgkupplung mit Sensortechnologie, die wesentlich kürzer baut als die mit Sensortechnologie ausgestatteten Gelenkwellen, die wir aktuell im Portfolio haben. Die Anforderungen dieser kompakten und standardisierten Lösung kam aus dem Markt. Zudem wird es in diesem Jahr noch eine zweite Datenübertragungsweise geben, die wir einführen. Damit wollen wir Anwendern eine Datenübertragung in nahezu Echtzeit gewährleisten. Dies ist vor allem für hochdynamische oder sicherheitskritische Anwendungen interessant. Näheres dazu kann ich allerdings erst in Richtung Herbst verraten.

Was bedeutet es eigentlich, ein Mittelständler zu sein? Wo liegen die Stärken und wo die Herausforderungen? MM-Maschinenmarkt hat sechs Geschäftsführermittelständischer Unternehmen befragt.

Frank Kronmüller ist Managing Director bei R+W Antriebselemente

MM-Maschinenmarkt: Was bedeutet es für Sie persönlich, ein Mittelständler zu sein?

Frank Kronmüller: Für mich vereint ein Mittelständler das Beste aus zwei Welten: Unser Kupplungs-Know-how ist weltweit anerkannt und von unserem Stammsitz in Wörth am Main aus sind wir als globaler Lösungsanbieter tätig. Dennoch bleibt unsere ursprüngliche Handwerks-DNA ein wertvoller Bestandteil, der es uns ermöglicht, Projekte gemeinsam anzupacken und konsequent umzusetzen.

Wo sehen Sie die Stärken des Mittelstandes?

Neben den bekannten Qualitäten, die zweifelsohne dem deutschen Mittelstand zugeschrieben werden, sehe ich die regionale Zusammenarbeit als eine herausragende Stärke. Mittelständische Unternehmen sind häufig in regionalen Clustern organisiert, wo sie kooperieren, um ihre Ressourcen zu bündeln und gemeinsam an Forschung und Entwicklung zu arbeiten. Diese Zusammenarbeit ist ein Motor für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.

Was sind in Ihren Augen 2023 die größten Herausforderungen als Mittelständler?

Die Stärke des Mittelstandes, in regionalen Innovationsclustern zu operieren, bedeutet auch, dass wir am Standort Deutschland produzieren. Um international wettbewerbsfähig zu sein und höhere Kosten auszugleichen, ist es entscheidend, unsere Produktivität zu steigern. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, unsere eigenen Ressourcen mithilfe integrierter Prozesse effektiver zu nutzen. Letztendlich bedeutet es, dass man als Mittelständler stets anpassungsfähig sein muss.