Nichts ist unmöglich
‚Geht nicht‘ gibt’s nicht

Unser aktueller Beitrag aus dem Magazin "DER KONSTRUKTEUR"
R+W Antriebselemente bietet ein umfassendes Standardprogramm mit einer hohen Variantenvielfalt an Industrie- und Präzisionskupplungen. Dabei löst die hauseigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung mit individuellen Anpassungen, kompletten Sonderanfertigungen und Neuentwicklungen, wie der neuen intelligenten Kupplung, auch knifflige Kupplungsaufgaben. Mit dieser Strategie ist der unterfränkische Kupplungsspezialist aus Wörth am Main bereits seit vielen Jahren auf Erfolgskurs.
‚Geht nicht‘ gibt’s nicht
R+W schreckt auch vor Extremen nicht zurück: Das Unternehmen baute schon eine Sicherheitskupplung für die Weltraumstation ISS und steckbare Metallbalgkupplungen für den Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) im Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf. Das Dimensionsspektrum reicht dabei von Miniaturbalgkupplungen für die Zahnmedizin bis zu einer der größten Sicherheitskupplung weltweit, einer STF 20.000 mit einem Gesamtgewicht von 21,5 Tonnen, die in einer Windkraft-Testanlage verbaut wurde.
Jörg Stang, Vertriebsleiter R+W, erklärt: „Möglich sind solche Leuchtturmprojekte durch unsere eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die eng mit Forschungseinrichtungen und Universitäten zusammenarbeitet. Die Universität Bayreuth und die RWTH Aachen University zählen zu unseren ständigen Entwicklungspartnern. In diesen Kooperationsprojekten entstehen mithilfe von 3D- und FEM-Simulationsprogrammen und Matlab-Auswertungen exemplarische Testserien.“
Eigene Prüfstandsräume, ein im Jahr 2019 komplett neu gebautes Verwaltungsgebäude sowie eine Produktionshalle mit neuen Maschinen bieten beste Voraussetzungen für erfolgreiche Kundenprojekte. Denn auch wenn ein großer Teil der Anfragen über das umfangreiche Standardportfolio abgedeckt werden kann, sind es die Sonderanfertigungen, die den Fortschritt vorantreiben. Das ist dem Unternehmen stets bewusst. Jörg Stang: „Der Lernerfolg ist enorm. Moderne Fertigungsverfahren erlauben uns die Realisierung von individuellen Lösungen ab Losgröße 1.“
Neu: die intelligente Kupplung
Aus der Innovationsfreudigkeit des Unternehmens wurde jüngst eine richtungsweisende Produktneuheit für Industrie 4.0 geboren: Die intelligente Kupplung. Ihre integrierte Sensorik erweitert theoretisch jede R+W-Serienkupplung um zusätzliche Funktionen im Bereich der Messtechnik. Die Messdaten werden direkt im rotierenden Antriebsstrang aufgenommen, ohne dass die mechanischen Eigenschaften der intelligenten Kupplung beeinträchtigt werden, und ohne die Einschränkungen einer permanenten Kabelverbindung. Mithilfe der flexiblen Ausgleichselemente kann sie weiterhin axialen, lateralen und angularen Versatz ausgleichen und Drehmoment übertragen.
Die verbaute Sensorik misst Drehmoment, Drehzahl, Beschleunigung, Rotation und die Lage im Raum mit einer Abtastrate von 500 Hertz und verarbeitet die Messergebnisse direkt mit ihrer internen Elektronik – ganz ohne einen externen Messverstärker. Zeitgleich werden die Daten auf ein drahtlos verbundenes Endgerät übertragen. Die kombinierbaren, zeitabhängigen Messgrößen machen das dynamische Verhalten im rotierenden Antriebsstrang transparenter und reduzieren bzw. vermeiden Ausfall- und Stillstandszeiten. So trägt die intelligente Kupplung dazu bei, Kosten in der Produktion zu senken und die betriebliche Effizienz zu optimieren.
In jeder Branche zuhause
Der Anspruch, für jede Anwendung die technisch und wirtschaftlich effizienteste Kupplung zu finden, gilt für alle Branchen. Beispiel Schiffbau: Für den Schutz der Antriebswelle, die den Propeller mit dem Schiffmotor verbindet, hat R+W eine Wellenkupplung entwickelt. Dieses stolze 500 Kilogramm schwere Bauteil kann bis zu zwölf Tonnen Last tragen und ist für Drehmomente bis zu 55.000 Newtonmeter geeignet. Sie wurde von der „Marine & Offshore Division“ der internationalen Zertifizierungsgesellschaft Bureau Veritas analysiert und zertifiziert.
Stahlwerke sind ebenfalls ein anspruchsvoller Einsatzort für Kupplungen. Für die dort verwendeten Rollradantriebe eignen sich torsionssteife Lamellenkupplungen besonders gut. Diese Kupplungen sind wartungs- und verschleißfrei und haben sich als robuste Industriekupplung in vielen Anwendungen bewährt. Die Serie LP von R+W kann 350 bis 50.000 Newtonmeter Drehmoment im Lamellenpaket über den Reibschluss übertragen. Dadurch werden Mikrobewegungen in der Anbindung zur Lamelle vermieden und die Steifigkeit des gesamten Antriebstrangs steigt.
R+W-Lamellenkupplungen zeichnen sich durch ein optimiertes Nebenprofil aus: Aussparungen rund um die Befestigungsschrauben verringern den Materialeinsatz und damit auch das Gewicht, was wiederum das Massenträgheitsmoment verringert. LP-Kupplungen sind leistungsstark, robust, kompakt und von hoher Torsionssteife. Sie arbeiten in einem großen Temperaturspektrum von -30 bis +280 Grad Celsius.
Kupplungen derselben Reihe werden in vielen unterschiedlichen Industrien eingesetzt, zum Beispiel im Werkzeugmaschinenbau. Sie sind bei Maschinen mit langem Spindelaufbau von Vorteil. Für diese Anwendung hat R+W eine Spezialkupplung mit Kühlschmiermitteldurchführung entwickelt. Die doppelkardanische Spindelkupplung verfügt über ein Innenrohr mit beidseitigen Adaptionsschnittstellen, sodass das Kühlschmiermittel direkt zum Werkzeug geleitet werden kann. Für den Hersteller der Werkzeugmaschine bietet das einen vereinfachten Spindelaufbau und kürzere Montagezeiten, für den Anwender bedeutet es schnellere Bearbeitungsgeschwindigkeiten und längere Standzeiten.
Schwingungs- und stoßdämpfende Elastomer-Sicherheitskupplungen kommen zum Beispiel auch in Biogasanlagen zum Einsatz. Hier verbinden sie die An- und Abtriebswellen und sorgen für eine spielfreie Drehmomentübertragung. Ein Elastomerkranz aus hochwertigem TPU-Kunststoff gleicht eventuell auftretenden Versatz zwischen den Wellen aus. In der Biogaserzeugung soll ihr Einsatz vermeiden, dass Materialien wie Stücke von Tierhufen, Schrauben oder Steine unabsichtlich in das Anlagensystem gelangen. Denn dort können sie teure Schäden verursachen. Doch was geschieht, wenn dennoch einmal Verunreinigungen in die Masse gelangen und die Anlage blockiert? In der Folge steigt das Drehmoment exponentiell bis zu einem im Vorfeld fest definierten und eingestellten Drehmoment an. Wird der eingestellte Grenzwert überschritten, rasten die Kugeln aus und trennen An- und Abtriebsseite innerhalb von drei bis fünf Millisekunden voneinander. Teure Anlagenbauteile werden somit vor einer Beschädigung durch zu hohe Drehmomentpeaks geschützt. Erreicht wird dieser Schutz durch das federvorgespannte Kugel-Rast-Prinzip, das als absolutes Not-Stopp-Element von Maschinen dient. Durch das spezielle Verzahnungsprinzip im Grundkörper der Kupplung zeichnet sich dieses Verfahren durch die hohe Steifigkeit seiner Bauteile und die absolute Spielfreiheit auch nach mehreren Rastvorgängen aus.
Neuentwicklung für Servoantriebe
Speziell für Servoantriebe mit kleineren Drehmomenten zwischen 25 und 100 Newtonmeter und mit höherem Versatz hat R+W die Baureihe SCL entwickelt. Diese Servolamellenkupplung eignet sich für dynamische Antriebsaufgaben mit häufigem Starten und Stoppen sowie Reversierbetrieb, bei denen die absolute Positioniergenauigkeit im Fokus steht. Sie beugt zuverlässig Lagerschäden vor und ist dabei unempfindlich gegen ätzende Chemikalien und hohe Temperaturen. Mit diesen Eigenschaften und einer einfachen Handhabung und Montage ist sie prädestiniert für den Einsatz in dynamischen Motoren von Automatisierungsanlagen, Verpackungs- und Werkzeugmaschinen bis hin zu Industrierobotern.
Ihre Naben bestehen aus Aluminium, woraus ein geringes Gewicht und ein niedriges Massenträgheitsmoment resultiert. Die Lamellen selbst bestehen aus hochelastischem Federstahl und weisen eine hohe Leistungsdichte auf. Zur Befestigung des Lamellenpakets werden hochfeste Schrauben eingesetzt, die das Drehmoment über Reibschluss übertragen – absolut spielfrei. Es entstehen keine Mikrobewegungen in der Anbindung der Lamelle, was zu einer hohen Gesamtsteifigkeit führt. Die Welle-Nabe-Anbindung wird nur als kraftschlüssige Verbindung mit Klemmnabe, geteilter Klemmnabe und Konusklemmring angeboten.
Spezialfall Lebensmittelindustrie
Ganz anders sind wiederum die Anforderungen in der Lebensmittelindustrie. Hygiene und Prozesssicherheit sind hier das A und O. So können zum Beispiel Störungen der Mühlen und Pressen von Kakaobohnen in der Schokoladenherstellung zu Qualitätsverlusten führen und zusätzlich die Mahl- und Presswerke beschädigen. Sicherheitskupplungen schützen vor langen Unterbrechungen und Störfällen und helfen gleichzeitig durch erhöhte Prozesssicherheit eine gleichbleibende Qualität zu erreichen.
Bei der Conchierung der Schokolade im weiteren Prozess kommt es auf eine gleichbleibende Drehbewegung der Conche an. Die spielfreie und torsionssteife Übertragung von Drehmomenten durch eine Metallbalgkupplung sorgt hier für Rezepttreue und beste Produktionsergebnisse. Für einen Einsatz in der Lebensmittelindustrie müssen Bauteile besonderen hygienischen Vorschriften genügen. Je nach Applikation eignen sich hierzu entweder geklebte oder geschweißte Metallbalgkupplungen von R+W. Das geschweißte Modell BKS mit Klemmnabe zum Beispiel hält aufgrund seiner speziellen Eigenschaften sogar hohen Temperaturen im Bereich von -40 bis +300 Grad Celsius stand. Auch Feuchtigkeit und aggressive Reinigungsmittel können dieser Kupplung aus hochelastischem, rostfreiem Edelstahl nichts anhaben. Der positive Nebeneffekt des Materials: Selbst in der korrosiven Umgebung in der Lebensmittelindustrie sind solche Kupplungen wartungsfrei und langlebig.
Die Liste der Anwendungen lässt sich beliebig lang fortsetzen: Öl und Gas, Bergbau, Offshore-Windparks, Zuckerrohrverarbeitung, Reinraumanwendungen und viele andere gehören zu den Profiteuren der intelligenten Kupplungstechnik. Jörg Stang resümiert: „Ob schnell oder langsam, leicht oder schwer, klein oder groß spielt keine Rolle, denn das umfassende Portfolio von R+W deckt einen sehr großen Bereich ab. Und wo doch ein Wunsch offenbleibt, freut sich unsere Entwicklungsabteilung auf eine neue anspruchsvolle Aufgabe.“