Kupplungen für Tunnelbohrmaschinen

Das Sicherheitskonzept der neuen Generation der ST-Sicherheitskupplungen (Schaltelementekupplungen) von R+W reduziert lange und kostspielige Stillstandszeiten von Tunnelbohrmaschinen

Egal ob es um den Bau des weltweit längsten Unterwassertunnels in den Fjorden Norwegens oder eines Drainagetunnels in Hongkong geht – die Anforderungen an Tunnelbohrmaschinen sind hoch. Sie hängen unter anderem von den geologischen Verhältnissen ab, zum Beispiel ob in Festgestein oder in Lockergestein gebohrt wird oder ob es sich um grundwasserführende Böden handelt. Jede Maschine ist eine Sonderanfertigung und wird entsprechend den örtlichen Gegebenheiten konstruiert. Die Komponenten der Maschinen müssen unter diesen Bedingungen besonders robust und zuverlässig sein.

Tunnelbohrmaschinen haben oftmals einen Durchmesser von bis zu 20 Metern. Die Gesamtlänge der Maschine, einschließlich der Hilfsgeräte und Förderbänder, kann bis zu 200 Meter betragen. Wichtigster Bestandteil einer Tunnelbohrmaschine ist der Bohrkopf. Bei Tunnelbauprojekten im Hartgestein kommt in der Regel ein rotierender Bohrkopf zum Einsatz, der mit gigantischer Vortriebskraft gegen die Ortsbrust gepresst wird. Der Bohrkopf, der über das große Zahnrad angetrieben wird, ist während des Bohrvorgangs einem hohen Widerstand ausgesetzt. Ungleichmäßigkeiten im Gestein können zu Blockaden der Maschinen führen. Ist die Belastung der Maschine zu hoch, besteht die Gefahr, dass Motor, Planetengetriebe oder Elemente des Antriebsstrangs beschädigt werden. Um dies zu vermeiden, kann beispielsweise eine mechanische Kupplung auf Basis der Sicherheitskupplung mit Schaltelementen und Passfederverbindung Modell ST1 von R+W eingesetzt werden.

Schutz der Antriebskomponenten

Im Falle einer Überlast rasten R+W-Industriesicherheitskupplungen bei einem eingestellten Drehmoment aus. Das vom Kunden gewünschte Ausrastmoment wird werksseitig auf dem Prüfstand eingestellt. Dabei werden alle Schaltsegmente auf das entsprechende Ausrastmoment hin gefertigt und geprüft. Im Überlastfall findet keine Drehmomentübertragung mehr statt. Die Tunnelbohrmaschine stoppt, ohne dass Maschinenelemente beschädigt werden.

Aufgrund der hohen Dreh- und Massenträgheitsmomente eignen sich z. B.  ST1-Sicherheitskupplungen von R+W hervorragend für Tunnelbauprojekte. In einem vergangenen Projekt beim Bau eines Versorgungstunnels im asiatischen Raum war die Verbindung wie folgt gelöst: Auf der Antriebsseite der ST1-Sicherheitskupplung erfolgte die Verbindung zwischen der Sicherheitskupplung und dem Motor über eine Motorwelle mit Verzahnung nach DIN 5480. Abtriebsseitig wurde ein Zahnrad ebenfalls über eine verzahnte Welle verbunden, welches den Bohrkopf über den verzahnten Lagerinnenring der Tunnelvortriebsmaschine antreibt.

Funktionsweise der Sicherheitskupplung

Die Sicherheitskupplungen der Modellreihe ST wurden für hohe Drehmomente (0,2 – 165 kNm) ausgelegt. Möglich wird das durch die robusten Schaltsegmente, die gleichmäßig am Umfang verteilt sind und als federbelastete Formschlusskupplungen arbeiten. Die übertragbaren Drehmomente werden durch die Anzahl und den Lochkreisdurchmesser der Schaltsegmente bestimmt. Zur Drehmomenteinstellung wird hier die Einstellmutter nach dem Lösen der Klemmschrauben durch mehrere Umdrehungen verstellt. Die Einstellung wird bei max. durch einen Festanschlag begrenzt. Im Falle einer Überlast bewegen sich die Kugeln, welche innerhalb der Schaltsegmente vorgespannt sind, axial aus den Kalotten und bewirken innerhalb von Millisekunden eine dauernde Freischaltung der An- und Abtriebsseite. Die Wiedereinrastung erfolgt einfach durch axialen Druck auf den Schaltstößel. Bei großen Kupplungen mit hohen axialen Kräften kann die Wiedereinrastung durch eine Ein- und Ausrastvorrichtung vorgenommen werden. Mit dieser Vorrichtung kann die Kupplung im Ruhezustand auch manuell ausgerastet werden. Das voreingestellte Ausrückmoment kann bei Bedarf nachträglich und mit wenigen Handgriffen angepasst werden.

Für die Anwendung bei der Tunnelbohrmaschine heißt das, wird diese nach Beseitigung der Überlast wieder in Betrieb genommen, kann die Kupplung in der exakt selben Position wieder eingerastet werden. Die Wiedereinrastung der Kupplung ist einfach und erfolgt durch axialen Druck auf den Schaltstößel.

Schnelle Wiederinbetriebnahme

Der Vorteil von R+W-Sicherheitskupplungen liegt darin, dass das voreingestellte Ausrastmoment – anders als bei vielen anderen Sicherheitslösungen – nur schwer manipuliert werden. Durch eine werksseitige Verriegelung kann eine Manipulierung der Kupplung komplett verhindert werden. Bei hydraulischen Kupplungen ist dies beispielsweise nicht möglich. Hier muss das Ausrastmoment nach dem Überlastfall durch erneutes Befüllen der Hohlbuchse bzw. des hydraulischen Kissens und der Montage des Abscherventils aufwendig wieder eingestellt werden. Dabei kann es das passieren, dass sich durch den Anwender beim Befüllen Fehler einschleichen. „Bei der R+W-Sicherheitskupplung ist das Ausrastmoment sofort wieder verfügbar“, sagt Rogg.  

Ein weiteres Plus der Sicherheitskupplung mit Schaltelementen von R+W besteht darin, dass sie – nach Beseitigung der Überlastursache – wieder voll betriebsbereit ist. Dies ist bei hydraulischen Kupplungen nicht immer der Fall. Beim Einsatz von hydraulischen Kupplungen kann es im Überlastfall dazu kommen, dass umliegende Maschinenelemente mit Öl verschmutzt oder durch das Abscherventil beschädigt werden. „Durch die schnelle Wiederinbetriebnahme der R+W Sicherheitskupplung können lange und kostspielige Stillstandzeiten an der Baustelle vermieden werden“, sagt Rogg. Zudem ist die Sicherheitskupplung nahezu wartungsfrei. Beschädigte oder verschlissene Kupplungselemente können problemlos ausgetauscht werden.

Hohe Steifigkeit, kompakte Bauweise und absolute Spielfreiheit

Die R+W Antriebselemente GmbH bietet mit seinen verschiedenen Baureihen von mechanischen Sicherheitskupplungen für vielfältigste Anwendungsfälle die passenden Lösungen. Die im Drehmoment begrenzbaren Kupplungen sind in den unterschiedlichsten Modellreihen, Größen und Varianten für direkte und indirekte Antriebe erhältlich und können zum Beispiel mit Passfeder-, Flansch- oder Konusklemmverbindung, als torsionssteife oder schwingungsdämpfende Welle-Welle-Verbindung bezogen werden. Sie zeichnen sich grundsätzlich durch ihre hohe Präzision, die hohe Steifigkeit der Bauteile, die kompakte Bauweise und absolute Spielfreiheit aus. Das maximal zulässige Drehmoment ergibt sich dabei immer aus den Spezifikationen der Antriebsmaschine. Industrie-Sicherheitskupplungen der Baureihe ST können im Standard für Drehmomente bis 250.000 Nm bezogen werden – in Sonderausführungen auch weit über 1.000.000 Nm hinaus.

Sicherheitskupplungen werden aufgrund ihrer Zuverlässigkeit und Robustheit vielfältig und branchenübergreifend eingesetzt. Typische Einsatzgebiete sind Bagger, Schredder, Walz- und Stahlwerke, Windkraftanlagen, Extruder, Industrieförderanlagen und Tunnelbohrmaschinen auf der ganzen Welt.