Kupplungslösungen für die nahrungsmittelverarbeitende Industrie
Die nahrungsmittelverarbeitende Industrie steht vor einigen Herausforderungen, etwa die immer größere Nachfrage nach verarbeiteten Lebensmitteln, die stark wachsende Weltbevölkerung und die stetig steigenden Ansprüche der Endverbraucher. Um viele dieser Challenges erfolgreich anzugehen, kommen Extrusionsverfahren in der Lebensmittelindustrie zum Einsatz. Hierbei besonders wichtig: die Kupplungstechnik.
Wer kennt das nicht? Wir sitzen nach einem langen Tag abends noch im Büro, der Magen knurrt. Die wenigsten werden in diesem Szenario die Möglichkeit haben, etwas Frisches zu kochen. Viel wahrscheinlicher ist der Griff in die „geheime“ Schreibtischschublade mit den Müsliriegeln oder anderen schnell verzehrbaren Snacks. Und damit sind wir nicht allein.
Der globale Konsum von stark verarbeiteten Nahrungsmitteln wie Riegeln oder Fertiggerichten, also Convenience Food, steigt stetig. Diese Entwicklung wird durch die zunehmende Urbanisierung und den steigenden Lebensstandard in Schwellenländern verstärkt. Der schnelle, städtische Lebensstil fördert das Bedürfnis nach schnellen Gerichten. Gleichzeitig müssen sich sowohl Gesellschaft als auch Industrie den Herausforderungen des globalen Bevölkerungswachstums stellen: Bis 2050 sollen laut Prognosen knapp 10 Milliarden Menschen auf unserem Planeten leben.

Das stellt nicht nur die Landwirtschaft und -technik vor enorme Herausforderungen hinsichtlich Effizienz und Produktivität, sondern auch die nahrungsmittelverarbeitende Industrie. Genauso wie die zu bestellenden Felder auf unserem Planeten sind auch die Produktionskapazitäten nicht unendlich. Somit müssen auch in der Food & Beverage Branche Maschinen immer mehr Leistung und Output liefern – bei gleichzeitig möglichst nachhaltigem Umgang mit den vorhanden Ressourcen. Für eine besonders effiziente Verarbeitung von formbaren Lebensmitteln, die diesen anspruchsvollen Anforderungen gerecht wird, kommen Extruder zum Einsatz. Sie können verschiedene Aufgaben wie Kneten oder Kochen übernehmen und sorgen bei einem optimal aufgesetzten Verarbeitungsprozess für minimalen Ausschuss und somit eine hohe Effizienz, z.B. in der Produktion von Riegeln.

Kupplungstechnik für Prozessgenaues bewegen
Bei diesen Extrusionsprozessen wird das Basismaterial, beispielsweise eine Fleisch- oder Teigmasse unter Druck und bei gleichzeitiger Temperatureinbringung in einem Extruder verarbeitet und letztlich – ähnlich wie in der Kunststoffverarbeitung – durch eine formgebende Düse gepresst. Den Transport durch die verschiedenen Verarbeitungsschritte sowie den nötigen Druck baut in der Regel eine Schnecke auf. Das entstehende Extrudat kann anschließend beispielsweise durch Schneidemaschinen in die finale Produktform gebracht werden. Damit es in diesem Prozess nicht zu Lebensmittelverschwendung und Ausschuss kommt, der nicht in den Verkauf gebracht werden kann, müssen die Prozessschritte perfekt aufeinander abgestimmt sein. „Insbesondere die zuverlässige prozessgenaue Bewegung der Schnecke ist in Extrudern entscheidend für das Erreichen der gewünschten Produktqualität. Hierzu trägt die Kupplungstechnik als Verbindung zwischen Motorwelle und Schneckenwelle maßgeblich bei“, erklärt Marcus Karl, Technischer Vertrieb und Experte für Kupplungen im Hygienic Design bei der R+W Antriebselemente GmbH.
Doch bevor Kupplungen an dieser Stelle eingesetzt werden können, müssen sie – wie alle Komponenten mit Lebensmittelkontakt – den speziellen Branchenstandards entsprechen. Hygiene ist das A und O bei der Produktion von Lebensmitteln. Hinzu kommen hohe Anforderungen an den Explosionsschutz, da bei der Verarbeitung von Mehl oder anderen pulverförmigen Rohstoffen explosive Atmosphären entstehen können. Komponenten müssen dementsprechend den Anforderungen des Hygienic Designs sowie der ATEX-Richtlinien für den Explosionsschutz entsprechen.
Anforderungen an das Hygienic Design
Hygienic Design Komponenten müssen gemäß den Richtlinien der European Hygienic Engineering & Design Group (EHEDG) unter anderem leicht zu reinigen, korrosionsbeständig, nicht-haftend und zudem so konstruiert sein, dass keine Produktionsrückstände in der Maschine verbleiben. Diese Rückstände können die Ursache für Bakterien- oder Pilzeintrag in Lebensmitteln sein, die somit nicht nur ungenießbar, sondern unter Umständen sogar gesundheitsgefährdend werden können. Marcus Karl erklärt: „Gerade für bewegliche Teile sind die Anforderungen in hygienisch anspruchsvollen Anwendungen besonders hoch. Neben Reinigungs- und Desinfektionsaspekten müssen sie höchsten Ansprüchen an den verwendeten Werkstoff sowie die Fertigungsqualität genügen.“ Konkret müssen Metall-Metall-Verbindungen durchgängig und fehlerfrei geschweißt sein. Verkantungen und sichtbare Schweißnähte sind unbedingt zu vermeiden.

Anstatt harter Winkel müssen zudem Neigungen und Abrundungen eingebracht werden. Deshalb stehen die Geometrie der Bauteile, die Oberflächenbeschaffenheit und die verwendeten Materialien besonders im Fokus und müssen entsprechend optimiert werden.
In der Folge sind die Maschinen leichter zu reinigen und die Konstruktion verhindert, dass sich Rückstände absetzen. Insgesamt wirkt sich dies zudem positiv auf die Total Cost of Ownership der Maschinenbetreiber aus, da Reinigungs- und Stillstandzeiten reduziert werden, auf zusätzliche Gehäuseverkleidungen des Antriebsstrangs verzichtet werden kann und sich Material einsparen lässt.
Intelligent Konstruierte Komponenten
R+W bietet für Anwendungen mit hohen Ansprüchen an die Hygiene verschiedene Kupplungslösungen in Edelstahl und in standardmäßig geschweißter Ausführung an. Diese Kupplungen im Hygienic Design wirken sich positiv auf die Lebensdauer der Antriebe aus, da sich im Gegensatz zu eingehausten Antriebssystemen keine Stauwärme bilden kann, die wiederum zu erhöhtem Verschleiß führen kann. Hygienic Design Kupplungen von R+W sind zudem CIP-(cleaning in place) und SIP-(sterilisation in place) fähig, so dass die Maschine ohne Montagevorgänge gemäß Hygienestandards gereinigt werden kann. Hierbei setzt der Kupplungshersteller auch bei den verwendeten Verschraubungen auf Hygienic-Design-konforme Komponenten mit entsprechenden Abdichtungen.
Für besonders anspruchsvolle Anwendungen setzt R+W beispielsweise auf den Werkstoff 1.4404,[KM1] [PB2] einen austenitischen Chrom-Nickel-Molybdän-Stahl mit guter Korrosionsbeständigkeit gegenüber Säuren und chlorhaltigen Medien. Für die erwähnten ATEX-Anforderungen bietet R+W ebenfalls passende Standard-Lösungen. Aber auch nahezu jede weitere Standardkupplung, egal ob Metallbalg- oder Elastomerkupplung oder Gelenkwelle, kann bei den Kupplungsspezialisten aus Wörth am Main als Hygienic-Design- und ATEX-konforme Variante gefertigt werden.
„Wir haben selbst für außergewöhnliche Anforderungen das passende Produkt. Was uns jedoch besonders auszeichnet, ist die Flexibilität und Individualisierung. Falls Kunden ganz spezielle Herausforderungen meistern müssen, machen wir es möglich – solange es technisch machbar ist. Und das unabhängig von den notwendigen Leistungsdaten, Abmessungen oder der Losgröße“, betont Marcus Karl. Mit einer eigenen Entwicklungsabteilung, einem Labor und Test-Prüfständen finden die R+W-Ingenieure im partnerschaftlichen Austausch mit dem Kunden die passende Lösung für jede Applikation.
Gesicherte Qualität dank Präzision und Spielfreiheit
Marcus Karl schließt: „In kaum einem Bereich sind die Endverbraucher so sensibel, wie beim Einkauf ihrer Lebensmittel. Selbst geringste Abweichungen vom erwarteten Standard können Kaufentscheidungen negativ beeinflussen. Von Lebensmittelskandalen durch verunreinigte Lebensmittel ganz zu schweigen. Wir bieten mit unseren Kupplungslösungen für die nahrungsmittelverarbeitende Industrie Maschinenherstellern und -betreibern die Prozesssicherheit, auf die es in dieser anspruchsvollen Branche ankommt.“ R+W Kupplungen kommen nicht nur in Extrudern, sondern auch in Abfüllanlagen, Etikettier- und Verschließmaschinen oder Schneidemaschinen zum Einsatz.
Wenden wir uns wieder dem Müsliriegel aus unserer Schreibtischschublade zu. Wie bereits erwähnt hat die Kupplungstechnik der riegelherstellenden Maschine Auswirkungen auf die Qualität unseres schnellen Imbisses. Aber warum genau? Insbesondere Extruder profitieren von den R+W-Kupplungen, da diese extrem geringe Rundlauftoleranzen von wenigen Hundertsteln aufweisen. Damit einher gehen eine optimale Laufruhe und Präzision. bei Doppelschneckenextrudern gibt es nur wenig Spiel zwischen den beiden Schnecken, so dass ein ungenügender Ausgleich des Wellenversatzes zwischen Motor- und Schneckenwelle zu erhöhtem Verschleiß oder sogar zum Verkanten der Schnecken und damit zu Maschinenschäden und Betriebsstillständen führen können.
Weitere Aspekte sind die Prozessqualität und nachhaltige Effizienz der Maschinen, die durch die spielfreie Kraftübertragung optimiert werden. Die Kupplung sorgt dafür, dass die Schnecke genau in dem Maß das Rohmaterial einzieht, verdichtet und letztlich über die Extruderdüse ausstößt, wie sich der Maschinenbetreiber dies wünscht und vorab simuliert hat. Käme es hierbei zu unvorhergesehenem Schlupf oder zu Ungenauigkeiten in der Drehmomentübertragung, gäbe es keine einheitliche Qualität des Extrudats, da sich Misch- oder Druckverhältnisse von Batch zu Batch ändern könnten.